Cilander-Kühe in Herisau „vorm Schlachter“ gerettet

Es ist kurz vor 12 Uhr mittags. Rund 20 Personen haben sich schon vor den vier stattlichen Tieren, die angeschraubt auf Europaletten auf ihren neuen Besitzer waren, versammelt. Knapp zehn Minuten später sind es rund 40 Personen, die sich vor dem Cilandershop zur offiziellen „Vechschau“ einfinden. Die Tiere werden beäugt, angefasst, gestreichelt und abgeklopft. Auch Cilander CEO Burghard Schneider steht in Appenzeller Edelweisshemd und Lederhosen parat. „Ganz so fern ist mir die Kleidung als Allgäuer ja nicht“, witzelt er zum Outfit. Als Speaker der „Vechschau“ wird er die Tiere vorstellen und unter den Hammer bringen.
Erlös geht an Dreischiibe und Cilander
Vor der Versteigerung erklärt Schneider einige Hintergründe: Ein Teil des Erlöses der Versteigerung gehe an den Inklusionsbetrieb Drehschiibe, der gemäass Burghard als guter und wichtiger Nachbar, immer „mit Rat und vor allem Essens- und Trinkenstat“ zur Seite gestanden hat - auch in den langen Nächten. „Ihr macht eine super Arbeit und das wollen wir unterstützen.“ Der andere Teil der Geldsumme gehe an die Cilander selbst: „Wie Sie wissen, sind wir gerade auf dem Weg, die Cilander schliessen zu müssen - und das hier ist gerade noch einer der angenehmeren Jobs. Also tun sie der Dreischiibe und uns etwas Gutes – es ist für einen guten Zweck“, sagt Schneider.
Kühe aus „Zürcher Zucht“ von der Cow-Parade
Die Tiere wurden gemäss der Viehschaurichtlinien „präsentiert“ und angepriesen – gezahlt werden konnte bar („Nur Bares ist Wahres“, so Schneider) oder sogar mit Kreditkarte und TWINT. Zur Geschichte der Tiere erklärte Schneider, dass diese von der Cow-Parade in Zürich aus dem Jahr 1989 stammten – also aus einer „Zürcher Zucht“. „Wieso und wie genau sie dann den Weg zu uns gefunden haben, darüber gibt es nur Gerüchte – eines davon heisst, sie stammen aus einem Nachlass“, erklärt er weiter. Fest stehe jedoch, dass die Appenzeller Künstlerin Karin Ammann die Kühe bemalt bzw. die Bemalung aufgefrischt hat.
Rosie's Weiblichkeit punktet
Pünktlich um 12:15 Uhr begann die Versteigerung. Als erstes Stand Kuh „Rosie“ – die pinke Kuh mit Edelweissverzierungen - auf dem Auktionsplan. Gestartet wurde mit 200 Franken und in 50er-Schritten aufgeboten. Eine lokale Metzgerei, eine Vertreterin der Nachbarfirma Metrohm sowie Werner Aemisegger, ehemaliger Inhaber der Aemisegger AG Herisau, die heute unter Stutz weitergeführt wird, lieferten sich einen Schlagabtausch. Hochspannung in 50er-Schritten garantiert – selbst für Schneider war es oft schwer, den Geboten noch zu folgen. Für 3‘100 Franken ging die schöne Rosie letztlich über den Tisch – und entrann nur knapp den Geboten der Metrohm.
Aemisegger erhält den ersten Zuschlag
Werner Aemisegger ist nach der Ersteigerung zufrieden: Die Kuh wird ein Geschenk für seine Ehefrau und soll im heimischen Garten in Abtwil auf der Wiese ihr Gnadenbrot erhalten. Zum Hintergrund sagt er: „Mein Vater hat die Felder um das Gebäude der AG Cilander als Bauer bewirtschaftet.“ Der Kauf der Kuh hat also eine emotionale Komponente. Dass die Wahl auf die Edelweiss-Rosie fiel, sei eher eine Mann-Frau-Entscheidung gewesen. „Ich finde, sie passt von den Farben und Motiven her zu einer Frau – da es ein Geschenk für meine Ehefrau ist, also die passende Wahl.“ Für ihn wäre wahrscheinlich die Appenzeller Kuh die erste Wahl gewesen. Doch dass diese für wesentlich mehr als 3‘100 Franken über den Tisch ging, sollte sich noch zeigen.
Metrohm schlägt gleich zweimal zu
Weiter ging es in die zweite Auktionsrunde: Die mit Schmetterlingen bedruckte liegende Kuh war am wenigsten begehrt – ob es wohl an der noch grösseren Fläche und liegenden Position lag, bleibt Spekulation. Tatsache ist, dass sie für „schlappe“ 1‘100 Franken an die Nachbarin Metrohm überging. Die gleich im Anschluss versteigerte „expressionistischste“ Kuh Square, die gemäss Schneider auf Grund der bunten Kastenaufdrucke symbolisch für die Zeit stand, in der Cilander auch noch druckte, war dann wieder beliebter: Mit einem Startgebot von 400 Franken endete dieses Exemplar bei 2‘250 Franken – und ging ebenfalls an die Metrohm.
Mit „Appi“ klingelt es im Kässeli
Die beliebteste und begehrteste Kuh sei die in Appenzeller Tracht als letztes übrig gebliebene Appi, so Schneider. „Das Beste kommt zum Schluss – das stattlichste und zugleich appenzellertypisch sturste Tier von allen“, in Speakermanier zählt er nochmals alle Vorzüge auf. Startgebot 500 Franken – der Rest ist ein Selbstläufer. In diesem Rennen gibt es viele Mitspieler – auch der Herr von der Metzgerei und die Metrohm bieten erneut mit. Bei den höheren Geboten wird es ruhiger.
Ruhestand mit Säntisblick – für 5‘200 Franken
Am Ende erhält den Zuschlag Heinz Frischknecht : Für stolze 5‘200 Franken wird Appi künftig in seinem Garten grasen. Mit Säntisblick, wie er sagt. Weshalb es gerade diese Kuh sein musste: „Ich bin Ausserrhoder – Appenzeller durch und durch. Ich freue mich riesig, dass ich die Appenzeller Kuh nun mit nach Hause nehmen darf.“ Sogleich rief er einen Kollegen an, der mit dem Hänger kam und beim Verladen und Transport des „wilden Tieres“ half.
Überrascht und zufrieden
„Wir sind überrascht und sehr zufrieden, dass so viel für unsere Kühe geboten wurde“, sagt Burghard Schneider nach der Viehschau. Man freue sich über den grossen Betrag, von der auch die Dreischiibe als Nachbar und langjähriger Begleiter profitieren wird. Nach der Veranstaltung gab es für alle Anwesenden noch einen Apéro aus diesem Hause.
