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Kultur
03.03.2024
06.03.2024 10:06 Uhr

"I säge nüt." Man kann nicht nicht kommunizieren

Stefan Häseli ist Experte für glaubwürdige Kommunikation und Kolumnist unseres Portals. Bild: zVg.
Unser Kolumnist Stefan Häseli unterstützt Leserinnen und Leser mit seinem Privat- und Business-Knigge: So gelingt die Kommunikation 4.0.

Die reifere Generation kennt ihn vielleicht noch, René Quellet mit seinem Running-Gag im damaligen Kinder-TV-Strassenfeger ‘Spielhaus’: «i säge nüt». Der Satz «ich sage nichts» sagt aber schon wieder etwas aus, denn «nichts sagen» würde ja heissen, dass ich nichts sage. Alle, die sich irgendwann einmal mit landläufigen Kommunikationsmodellen auseinandergesetzt haben, kennen Watzlawicks «man kann nicht nicht kommunizieren».

Will heissen: wer auch nichts sagt, sagt etwas. Testen Sie mal aus: Ihr Partner fragt «wie war dein Tag heute?». Sie antworten nichts. Schauen ihn einfach während mehreren Sekunden an. Nicht, dass das eine deeskalierende Wirkung allfälliger kommunikativer Gewitter hätte. Vielmehr interpretiert das Gegenüber unweigerlich und sofort eine Botschaft. Die kann sein von «das geht dich nichts an», «frag nicht, du weisst es genau», «es ist nicht in Worte zu fassen», oder «sonst interessierts dich auch nie». Wie auch immer: die Gefahr von nichts sagen ist, dass der/die andere frei interpretiert. Aber interpretiert wird immer. Auch wenn man vielleicht einen guten Grund hat, nichts zu sagen.

Gilt im Business-Kontext auch. Mitarbeiter X wird heute freigestellt. Jeder siehts, wie er das Haus verlässt. Eine Mitteilung folgt nicht. Die Gerüchteküche kocht heiss. Oder eine schmale Meldung: «Mitarbeiter X wurde heute freigestellt». Dann kochts nicht viel weniger im Hitzebereich. Vielleicht will man auch wirklich nichts dazu sagen – das kann seine Berechtigung haben. Aber dann darf man das ja genau so mitteilen «Mitarbeiter X wurde per sofort freigestellt. Wir haben vereinbart, über die Gründe nicht zu reden». Da gibt’s wohl immer noch Gerüchte, aber auf jeden Fall kochen sie weniger über und die versteckte Message «das geht euch überhaupt nichts an» wird aus Erfahrung bedeutend weniger hinein interpretiert.

Als kleiner Selbsttest und für alle, denen das Spielhaus zu alt ist, der ziehe sich auf Netflix «Shaun das Schaf» rein. Ist etwas moderner und zeigt, dass es auch heute noch die Phantasie anregt, wenn Figuren keine Worte wechseln….

Zum Autor

Stefan Häseli ist Experte für glaubwürdige Kommunikation, Keynote-Speaker, Moderator und Autor mehrerer Bücher. Als ausgebildeter Schauspieler mit jahrelanger Bühnenerfahrung schreibt er ganze Abendprogramme selbst. Dazu kommen Engagements in Kinofilmen, TV-Serien, TV-Werbespots und Schulungsfilmen. Er betreibt ein Trainingsunternehmen in der Schweiz. Häseli ist mehrfach international ausgezeichneter Redner und Trainer. Die Kommunikation in ihren unterschiedlichen Welten und die Details in der Sprache faszinieren ihn und prägten seinen beruflichen Werdegang. Er begeistert in seinen Fachartikeln und Kolumnen mit feinsinnigem Humor. 

https://stefan-haeseli.com/

Stefan Häseli, Kolumnist / jg